Liebe Eltern,

der Elternverein ist über die Entwicklung - oder mangelnde Entwicklung - betreffend die Kapazitätsprobleme nicht glücklich, und auch nicht über die angekündigten Kürzungen des Budgets der Schule. Deshalb wird heute ein weiterer Brief an Frau Bundeskanzlerin Merkel abgehen, dessen Text wir hier veröffentlichen:

Sehr geehrte Frau Merkel,
 
wir, der Elternverein der Europäischen Schule Frankfurt (ESF) als Vertretung der Eltern der Schüler/innen der ESF wenden uns erneut an Sie, da trotz aller anders lautenden Aussagen aus dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) noch immer keine zufriedenstellenden Entwicklungen, Fortschritte oder Lösungen für die rapide ansteigende Zahl der Schüler/innen gefunden wurden, die die ESF aufgrund der steigenden Mitarbeiterzahl der Europäischen Zentralbank und der neu gegründeten Europäischen Bankenaufsicht (SSM) besuchen werden.
 
Das Schuljahr 2014/15 startete mit 298 zusätzlichen Schüler/innen, und weitere werden in dem Rahmen erwartet, in dem neue Mitarbeiter des SSM ihre Arbeit in der EZB aufnehmen. Um den Schulbetrieb überhaupt möglich zu machen, hat der Elternverein mit Unterstützung der Europäischen Zentralbank kurzfristig ein Containergebäude als Übergangslösung errichtet, in dem der komplette Unterricht der Vorschule in 9 Klassen untergebracht wurde. Ohne diese Initiative hätte die Schule berechtigte Schüler/innen abweisen müssen, was in der Geschichte der Europäischen Schulen seit 61 Jahren noch nie passiert ist. Nach wie vor bietet Deutschland keine Lösung des Problems an – das nächste Bauvorhaben, um die gröbsten Engpässe zu überbrücken, ist wieder eine Initiative des Elternvereins und der EZB mit Unterstützung der Stadt Frankfurt.
 
Da die Bundesrepublik Deutschland die Sitzstaatsverantwortung für die Europäischen Schulen der Kategorie 1 (ES München, ES Karlsruhe und ES Frankfurt) auf ihrem Hoheitsgebiet hat, ist es Aufgabe der Bundesrepublik Deutschland für Gebäude und Erstaustattung in dem Rahmen zu sorgen, der es ermöglicht dass alle angemeldeten Schüler/innen die Schule besuchen. Die entsprechenden Verträge und Veröffentlichungen im Bundesgesetzblatt zu dieser Verantwortung legen wir in Kopie diesem Schreiben bei.
 
Leider hat es die Bundesrepublik Deutschland versäumt, schon im Vorfeld der Erweiterung der Europäischen Zentralbank Voraussetzungen – Infrastruktur und Einrichtung – zu schaffen, die ein schon lange prognostiziertes Wachstum der Schülerschaft der ESF an einem geeigneten Standort ermöglichen. Es ist hinreichend bekannt, dass das Schulgelände in Praunheim für die Anzahl der berechtigten Schüler/innen mit Einrichtung des SSM bei weitem nicht ausreicht.
 
Es gab anlässlich eines Treffens im BMBF am 29.4.2014 Zusagen von Mitarbeiterinnen dieses Ministeriums, dass von der Bundesrepublik Gelder für den kurzfristigen wie für den endgültigen Infrastrukturbedarf der ESF bereitgestellt werden. Speziell wurde vereinbart, dass die Interimslösung (das Modulargebäude) durch die Stadt Frankfurt für den Elternverein gebaut und von der Bundesrepublik angemietet wird. Leider gibt es in diesem Zusammenhang immer noch keine Mietvereinbarung. Auch die von Deutschland in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie zur Identifizierung eines geeigneten Schulgeländes für 2500 Schüler/innen wird nicht mit dem Nachdruck verfolgt, der der Situation der ESF entspricht. Dies zeigt, dass die Bundesrepublik immer noch nicht versteht, welche Auswirkungen dieser offensichtliche Vertragsbruch auf die Schüler/innen der ESF hat. Vor diesem Hintergrund überrascht es uns auch, dass das BMBF die Teilnahme beider Vertreter an der Sitzung des Verwaltungsrats der ESF am 17. Oktober 2014 abgesagt hat und auch nicht in der Lage ist, für eine Vertretung zu sorgen.

Wir sind der Meinung dass Deutschland die Zukunft des Systems der Europäischen Schulen insgesamt und insbesondere der Schüler/innen der ESF akut gefährdet, aufgrund der Überfüllung und aufgrund mangelnder Einrichtung, die jede Schule, europäisch oder national, benötigt.
 
Bei den zu erwartenden Mitarbeiterzahlen von EZB und SSM für November 2014, wenn SSM die Arbeit aufnimmt, und den damit verbundenen erheblich höheren Zahlen an berechtigten Kindern, die die Europäischen Schule in Frankfurt besuchen werden, muss von der Bundesregierung schnell eine Lösung gefunden werden, um sicher zu stellen, dass die Schule weiterhin ihre Aufgabe erfüllen kann und nicht zu einem Gesundheits- und Sicherheitsrisiko wird.
 
Gründungsprinzip der Europäischen Schulen ist, dass die Kinder von Angestellten der Europäischen Institutionen jederzeit aus ihren nationalen Schulsystemen aufgenommen werden und auch jederzeit in diese zurückkehren können. Deshalb müssen die Europäischen Schulen die Voraussetzungen (Einrichtung und Lehrkräfte) bieten, in allen offiziellen europäischen Sprachen zu unterrichten. Allein in diesem Schuljahr gibt es viele neue Schüler in der Sekundarstufe der ESF, die kein Deutsch und kaum Englisch sprechen. Das macht es auch unmöglich, Teile der Sitzstaatsverantwortung an andere öffentliche Schulen oder Privatschulen zu delegieren. Die ESF ist die einzige Schule im Einzugsbereich, die die nötige Erfahrung und die Lehrkräfte hat, um bis zu 23 Sprachen auf muttersprachlichem Niveau zu unterrichten.
 
Deshalb glauben wir, es ist höchste Zeit, dass sich Deutschland seiner Sitzstaatsverantwortung gegenüber der Europäischen Schule Frankfurt als führendes Mitglied der Europäischen Union bewusst wird und kurzfristig eine akzeptable Lösung am Standort Frankfurt-Praunheim schafft. Ebenso wichtig ist es, mit Hochdruck die Machbarkeitsstudie abzuschließen, um auch mittel- und langfristige Lösungen für die drängenden Probleme der ESF erarbeiten zu können.
 
 
In Erwartung Ihrer Antwort verbleiben wir
 
Mit freundlichen Grüßen
 
Der Vorstand des Elternvereins der ESF
 



Tony Obisesan                        Karl-Heinz Endres
Vorsitzender des Vorstands        stv. Vorsitzender des Vorstands

cc:
José Manuel Barroso – President, European Commission
Jean-Claude Juncker – President-elect, European Commission
Maroš Ševčovič – Vice President of the European Commission
Kristalina Georgieva – Vice President of the European Commission
Johanna Wanka – Bundesministerin für Bildung und Forschung
Martin Schulz – President, European Parliament
Therese Comodini Cachia – Member of the European Parliament
Kari Kivinen – Secretary General, European Schools
Mario Draghi – President, ECB
Peter Praet – Member of the Board, ECB
Danièle Nouy – SSM Chair
Peter Rennpferdt – ECB DG/H Deputy Director General
Carlos Montalvo – Chief Executive, EIOPA
Patrick Hoedjes – Chair of EIOPA IT & Data Committee
Péter Friss – Director, ESF
Kyriaki Chatzivassiliadou – stv. Direktorin, ESF
Heinz Fischböck – stv. Direktor, ESF
Karin Aumeier – Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit
Heike Küchler – Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit
Peter Feldman – Mayor, City of Frankfurt
Sarah Sorge – Education, City of Frankfurt
Sarah Conyers Barber – President, Interparents